Value Selling Teil 3 – Von der Transaktion zur Kundenbeziehung

Leicht lässt sich fordern, dass nicht nur einzelne Verkaufstransaktionen optimiert, sondern längerfristige Geschäftsbeziehungen aufgebaut werden. Die Ergebnisse zum Relationship Marketing sind inzwischen umfangreich (Bruhn 2015). Eine Geschäftsbeziehung ist aber vielschichtig und umfasst persönliche Beziehungen, Leistungen sowie Informationen und Geld. Entsprechend vielfältig sind die Inhalte des Austausches. Grundsätzlich spielt die Intensität der Zusammenarbeit eine große Rolle (Belz 2013). 

Abbildung 1 zeigt den umfassenden Rahmen von Rackham und De Vincentis (1999). Dabei müssen das Engagement des Lieferanten und dasjenige des Kunden einander entsprechen.

Abbildung 1: Vom Transactional zum Enterprise Selling
Abbildung 1: Vom Transactional zum Enterprise Selling (Quelle: Rackham / DeVincentis 1999)

Der Austausch erfolgt über Gespräche, Lieferungen, den Umgang mit Reklamationen, Offerten, Rechnungen, Mahnungen und eine Begleitung des Kunden im Anwendungszyklus der gelieferten Produkte, um den Grundstein für Ersatzteile, Kundendienst usw. zu legen und Folgekäufe vorzubereiten. An dieser Stelle konzentrieren wir uns stärker auf die Beziehung (Belz et al. 1998; Diller et al. 2005, S. 93ff.).

Verkaufspersonen sollen für den Kunden wichtig sein. Das sind sie erst durch eine echte Wertschöpfung für den Kunden und durch ihre Persönlichkeit (Belz 2013, S. 49ff.). Zu oft sind Verkäufer nur ‚Schwätzer‘ an der Oberfläche und erbringen in der Beratung und der Betreuung der Kunden keine nennenswerte Leistung. Auch sind sie manchmal nicht in der Lage, die abgegebenen Versprechen auch im eigenen Unternehmen einzufordern. Wertvolle Verkäufer brauchen genügend Spielräume, um sich besonders für Kunden einsetzen zu können. Eine oberflächliche Betreuung wird durch enge Verantwortung und viele betreute Kunden verunmöglicht.

Besonders auf die Geschäftsbeziehung bezogen unterscheiden wir folgende Stufen:

  1. Wertvolle Persönlichkeit des Verkäufers und von Kundenkontaktpersonen: Verkäufer schöpfen Spielräume für eine besondere Leistung für Kunden aus und sind unternehmerische Persönlichkeiten.
  2. Präsenz bei Kunden: Das Unternehmen, Verkäufer und weitere Mitarbeitende mit Kundenkontakt sind beim Kunden genügend präsent. Das ist die Voraussetzung, um entstehende Probleme zu erkennen und zu bewältigen oder früh über entstehende Beschaffungsprojekte zu erfahren.
  3. Beziehungsleistungen: Diese Form von Leistungen schafft Vertrauen und Bindung zwischen Verkauf und relevanten Personen beim Kunden. Beziehungsleistungen beruhen auf Kompetenz und Sympathie (mündlich Gustav Werder, Aarau 2002). Die Leistungen des Unternehmens prägen eine Beziehung, so ist der Rhythmus für Service oder Verbrauchsmaterialien ein anderer als für den Verkauf von Anlagen, Baugruppen oder C-Teilen.

Anforderungen an den Verkauf: Für den Verkauf stellt sich die Aufgabe, die persönlichen Beziehungen zu wichtigen Kundenpersonen aufzubauen und zu pflegen. Ein Aufbau in kurzer Zeit ist besonders bei Personalwechsel, neuen Verantwortlichen, neuen Märkten und neuen Produkten entscheidend. Andersson/ Hohenschwert 2014 ermutigen: „Firstly, value selling results in enhanced customer relationships, due to the salesperson’s improved understanding of the customer’s situation. Secondly, it leads to a stronger power position for the salesperson because of a decreased focus on prices and increased focus on value in the discussions with the customer. “
Weitere Anforderungen betreffen die Persönlichkeitsentwicklung und den souveränen Umgang mit eigenen Stärken ebenso wie die flexible Interaktion mit Typen von Persönlichkeiten, die sich von der eigenen Person stark unterscheiden. Neue Leistungsbereiche mit höherer Bedarfsfrequenz des Kunden verändern oder ergänzen den Verkaufsprozess spezifisch. Neue Geschäftsmodelle (vgl. oben) können den Verkauf revolutionieren, oder sie werden nicht erfolgreich. Auch die Statements der befragten Praxisexperten betonten die Bedeutung von Beziehungen.

Statement aus der Praxis: Beziehungen geben in komplexen Märkten den Ausschlag

„Der größte Wert ist, wenn uns unsere Kunden aktiv weiterempfehlen.“

„Nähe und Beziehung zum Kunden. Verständnis für seinen Markt, seine Kunden und sein Umfeld. Klärung von Bedürfnissen und Nutzen des Angebotes.“

„Value Selling ist die höchste zu erstrebende Form des Managements von Kundenbeziehungen.“

„Unsere (schweizerischen) Werte sind Zuverlässigkeit, Verbindlichkeit, Treue, Flexibilität, Ehrlichkeit, Einsatzbereitschaft, Professionalität, Sauberkeit und Respekt.“

„Was immer noch ein ganz großes Entscheidungskriterium am Ende ist, ist sicherlich der menschliche Faktor. Das heisst, wie fühlen sich Kunden von Ihrem Lieferanten betreut. Nimmt er sie ernst, ist er erreichbar, ist er schnell genug im Umsetzen ihrer Anforderungen. In diesen Dingen unterscheiden sich heute Lieferanten immer noch stark voneinander. Alles andere, das ist irgendwie auf dem Papier vergleichbar.“

„Value Selling fördert die Kundenbeziehung. Entscheidungsträger werden zu Verbündeten und vertreten ihre Entscheidungen auch intern gegenüber weiteren Beeinflussern bis zu Verwaltungsrat und Aktionären.“